Wort zum 27. April 2020

Das Augenlächeln

Seit genau zehn Tagen besitze ich nun auch welche. Gleich zwei Stück. Entsprechend meiner Affinität zur Nordsee mit maritimen Motiven. Von einer Freundin genäht.

Richtig, es geht um einen Mundschutz. Als ich das nächste Mal Einkaufen ging, habe ich gleich einen ausprobiert. Dass es ungewohnt war, ist klar; aber aus Erfahrung wissen wir, dass man sich auch daran gewöhnen kann. Was mich dann aber stutzig machte, waren Überlegungen wie: Erkennen Bekannte mich überhaupt? Und vor allem: Erkennt mein Gegenüber, wenn ich lächle? Ich möchte doch auch mit Maske meine Mitmenschen gerne anlächeln – was, wenn sie das gar nicht mitbekommen?

Als ich zuhause war, gab es einen Selbstversuch vor dem Spiegel: Tatsächlich, auch mit Maske über Mund und Nase habe ich in meinem Spiegelbild das Lächeln gesehen. Da war ich beruhigt, und spätestens seitdem weiß ich, dass Augen lächeln können.

Wahrscheinlich werde ich demnächst besser hinschauen müssen, um das Augenlächeln bei meinen Mitmenschen wahrzunehmen. Aber das schadet ja nicht. Im Gegenteil: In dieser Zeit der körperlichen Distanz ist es ohnehin besonders wichtig, gut hinzuschauen. Bei den meisten erlebe ich zurzeit, wenn sie fragen „Wie geht’s?“, dass das keine schnell daher gesagte Frage ist, sondern wirklich ernst gemeint ist.

„Wie geht es dir?“ Darüber sagen die Augen einiges aus, wenn wir genau hinschauen. Aber gut hinzuhören, ist ebenfalls wichtig. Hinhören, was mein Gegenüber zu sagen hat, was den Mitmenschen bewegt, freut, Angst macht, Kummer bereitet…

Wenn wir ab heute bei bestimmten Gelegenheiten Mund und Nase bedecken müssen, geschieht das zum Wohl unserer Mitmenschen. Seien Sie sicher: Augen und Ohren sind davon nicht betroffen. Die können wir trotz Maske aufhalten – ebenfalls zum Wohl des Mitmenschen.

Ob wir uns mit Masken erkennen? Das wird sich in den nächsten Tagen zeigen, aber ich bin ganz zuversichtlich.

Von Susanne Absolon, Gemeindepfarrerin in Versmold