Andacht vom 10. März 2019

Wort zum Sonntag Invokavit, 10. März 2019

Die Anzüge schimmern dunkel, die Krawatten auch größtenteils. Typisch neuapostolisch, sagen manche. Vor allem aber ist da diese Freude in den Gesichtern. „Herzlich willkommen!“ Strahlend begrüßt uns Herr Möller. Er gibt jedem von uns die Hand, bevor wir die Kirche betreten. Wir, das ist der Ökumenische Arbeitskreis Steinhagen. Und Siegbert Möller ist der Hirte der Neuapostolischen Kirchengemeinde Quelle-Steinhagen. Er hat uns eingeladen, vor Ort die Neuapostolischen, einige ihrer Priester, Diakone, Evangelisten und ihn, den Hauptrepräsentanten der Gemeinde, kennenzulernen. Knapp 500 Frauen, Männer und Kinder umfasst die Gemeinde. In diesem Jahr feiert sie (wie die gesamte Neuapostolische Kirche) ihr 150-jähriges Bestehen.
Als ökumenischer Arbeitskreis stehen wir schon seit einigen Jahren in Kontakt mit der Gemein-de. Doch an diesem Abend feiern wir zum ersten Mal einen Gottesdienst bei den Neuapostoli-schen und nach ihrer Ordnung. Die Gemeinde singt gut und kräftig. Noch kräftiger tönt nach den Gebeten das „Amen“, das wir Evangelischen oft bloß murmeln. Dann hält Möller die Pre-digt, und zwar frei, ganz ohne Manuskript. Vielleicht auch das typisch neuapostolisch. Als Grundlage für die Predigt gibt der Gottesdienstplan Lukas 6,41 vor: Was siehst du den Splitter in deines Bruders Auge, aber den Balken im eigenen Auge nimmst du nicht wahr? Ein Jesuswort, wie gemacht für diesen Anlass. Der Prediger schlägt in seiner Auslegung zwar einen anderen Weg ein. Mir drängt sich jedoch am Ende des Abends besonders eine Frage auf: Könnte es sein, dass wir Evangelischen die Neuapostolische Kirche und ihre Gläubigen bisher kaum beachtet haben? Und das obwohl wir selbst uns von der großen Römisch-katholischen Kirche manches Mal nicht wahr- und ernstgenommen gefühlt haben?
Zugegeben: Das Interesse an ökumenischen Kontakten ist bei unseren neuapostolischen Schwestern und Brüdern erst vor einigen Jahren erwacht. Doch jetzt ist es da, Gott sei Dank! Zeit für uns Evangelische, die Augen aufzumachen. A propos: Wissen Sie, was ich (wenn auch eher zufällig) an jenem Abend getragen habe? – Einen dunklen Anzug mit Krawatte.

Dr. André Heinrich, Pfarrer in der Ev. Kirchengemeinde Brockhagen