Wort zum 17. Sonntag nach Trinitatis, 13. Oktober 2019
Nobody is perfect!
Jeder Mensch macht Fehler. Und doch verliert diese Erkenntnis in unserem Alltag immer mehr an Akzeptanz. Wer darf denn heute noch Fehler machen? Ist Ihnen auch aufgefallen, dass das Wort „Fehler“ immer häufiger mit dem Wort „unverzeihlich“ in Verbindung steht? Ein unverzeihlicher Fehler - wie oft werden Fehler auf cholerische und völlig überzogene Weise auf die Ebene einer apokalyptischen Katastrophe gebracht?
Ein Mitarbeiter, der durch einen individuellen Fehler ein Projekt gefährdet, steht schnell als Versager in der Ecke. Und wer verzeiht einem Arzt, dessen Fehler schlimme gesundheitliche Folgen haben kann? Dabei ist es doch eher menschlich, wenn ein Arzt nach acht Stunden Operation an Konzentration verliert. Oder was ist mit dem Fußballer, der durch einen Fehler seine Mannschaft auf die Verliererstraße bringt? Wird er nicht wochenlang von den Medien in seine Einzelteile zerlegt?
Dabei sollten wir eher zulassen, dass man sich über Fehler freuen kann. Denn jeder Fehler bietet uns die Chance, zu wachsen und zu lernen. Fehler schärfen die Persönlichkeit, wenn man aus ihnen lernt und an ihnen reift. Zu Fehlern zu stehen zeugt auch von einem klaren und glaubwürdigen Charakter. Fehler machen hat ja auch was Sympathisches, weg vom Nimbus des Übermenschen, der keiner sein kann.
Als Jesus sich seine Mitarbeiter, seine Jünger ausgesucht hat, hat er nicht in der vermeintlichen Elite Ausschau gehalten, sondern hat Menschen erwählt, die keineswegs in dem Ruf standen, perfekt zu sein: Fischer, Zöllner, Zeloten, Menschen, die über keine Bildung verfügten. Und auch als sie von Jesus lernten, wurde ihr Verhältnis zu Jesus oft von Unverstand und Fehlverhalten geprägt. Jesus aber hat in seiner Liebe nie einen von ihnen fallen lassen. Seine unperfekten Jünger haben schließlich die Basis dafür gelegt, dass wir uns heute noch an Jesus und seine Botschaft erinnern.
Wir müssen raus aus unserer Perfektionskultur hin zu einer lebenslänglichen Lernkultur, die Fehler nicht verurteilt, sondern als bildenden Teil des Lebens bewertet.
Von Rüdiger Schwulst, Pfarrer für Religionsunterricht an den Schulen des CJD in Versmold.