Andacht zum Sonntag Jubilate, 12. Mai 2019
In diesen Wochen feiern die evangelischen Kirchengemeinden das Fest der Konfirmation. Junge Menschen treten vor den Altar und bekennen sich öffentlich zu dem dreieinen Gott. Zu diesem Fest kommen immer viele Menschen, reisen Familienangehörige von weit her an.
Ich freue mich jedes Mal, wenn ich sehe, mit welcher Herzlichkeit sich die Menschen unter dem Dach der Kirche begrüßen und umarmen. Sehr viele von ihnen haben seit langer Zeit, manche seit Jahrzehnten, keine Kirche mehr betreten. Nicht selten sind dabei welche, die aus der Kirche ausgetreten sind.
Am vergangenen Sonntag kam ich nach dem Konfirmationsgottesdienst beim Fotoshooting mit einem Mann ins Gespräch. Der Gottesdienst habe ihm gefallen, sagte er. Er sei schon kurz nach seiner Konfirmation aus der Kirche ausgetreten. Es gab dafür viele Gründe. Doch nun habe er im Internet einen Artikel gelesen, warum jemand, der total kritisch zur Kirche steht, dennoch in der Kirche bleibt und nicht austritt. So sei es gut, dass die Kirche sich für die Ältesten einsetze. Hier finden viele einsame alte Menschen immer noch einen Anschlusspunkt in der Gesellschaft. Zudem finanziere nur die Kirche aus Kirchensteuermitteln ein flächendeckendes Netz der Sterbe- und Trauerbegleitung. Der Mann guckte mich direkt an. Irgendwann brauche das jeder von uns. Ich gab ihm recht. Keine staatliche Institution kennt sich mit Tauerarbeit so gut und professionell aus wie die Kirche.
Außerdem biete die Kirche fast die letzte gesellschaftliche Gelegenheit, bei denen sich junge Menschen über alle Schulformen hinweg begegnen und gemeinsam lernen können. Sei es im Konfi-Unterricht oder in der Jugendarbeit. Der Mann wandte sich zum Gehen.
Lächelnd sagte er, dass dank des Konfirmationsgottesdienstes und des Internetartikels er noch einmal neu darüber nachdenkt, ob für ihn ein Kircheneintritt wieder in Frage käme. Da musste ich lächeln. Dieses letzte Wort von ihm war auch eine Art Konfirmation.
von Jörg Eulenstein, Pfarrer in Harsewinkel