Andacht vom 21. September 2014

21. September 2014 - 14. Sonntag nach Trinitatis

Im Traugespräch waren wir  an einen kritischen Punkt gekommen.“ Kann man das  noch versprechen?“ fragte mich das junge Paar „Bis der Tod euch scheidet“. Sollte man diesen  Anspruch  nicht lieber ermäßigen, etwa  mit Formulierungen wie: „Solange unsere Liebe trägt?“, oder „Solange wie es uns möglich ist?“. Immerhin, 46 Prozent der Ehen, ob kirchlich getraut oder nicht, zerbrechen wieder. Das  „bis der Tod euch scheidet“ hat nicht gehalten. 

Was macht die Kirche eigentlich, wenn sie im Wissen um solche Zahlen dennoch immer wieder  dieses  Trauversprechen abnimmt?  Macht sie sich da selbst  was vor? Mit dem jungen Paar komme ich darüber ins Gespräch.  Wir  stellen  fest: es gibt  die tiefe Sehnsucht , es möge  diese lebenslange Treue geben.  Die Sehnsucht nach einem  Versprechen ohne doppelten Boden und ohne inneren Vorbehalt.  Andererseits ist  uns auch deutlich:  Dauerhaftigkeit, Verbindlichkeit und Unverbrüchlichkeit  sind Werte, die  in der Gesellschaft  eher kontraproduktiv sind. 

Wir leben in einer  Kultur  des Kurzfristigen, des schnellen Wandels,  der  Flexibilität  und  Selbstvermarktung.  Die Verfallsdaten von gegebenen Versprechen werden immer kürzer. Das macht es heutigen  Ehen nicht leichter.  In solchem  Umfeld  wirkt das „bis der Tod euch scheidet“ wie aus einer anderen Welt. Es ist die Vorstellung von Leben, die letztlich in Gott gründet. In seiner unverbrüchlichen Liebe und Treue zu uns. Die kirchliche Trauung bildet diese Treue Gottes ab  und überträgt sie auf die von allen ersehnte  lebenslange Treue untereinander. Dabei wissen alle: man kann auch ohne Trauschein glücklich sein. 

Aber ist man ohne Trauschein verlässlicher als mit?  Viele Paare, die sich  trauen lassen, ahnen,  dass  Liebe  bindende Selbstverpflichtung zur Konsequenz hat  für den Fall, dass der Lebensentwurf  oder die Gefühle ins Wanken geraten.  Sie empfinden  richtig, dass die Ehe als Institution  von Gott als  Schutzraum des Menschlichen  gedacht ist, dem er  seinen Segen  zugesagt hat.

von Hans Schmidt, Pfarrer i.R. in Halle/Westfalen