Wort zum Sonntag Septuagesimae, 24. Januar 2016
Von der Suche, die lebendig macht
Ein junger Geigenbauer macht sich auf die Suche nach Holz, das seiner neuen Geige eine außergewöhnliche Tiefe und einen besonderen Klang geben soll. Er sucht nach den „Sängerstämmen“, die durch ihr langsames Wachstum und ihre fabelhafte Lage ausgezeichnetes Klangholz haben. An einem dunklen, kalten Wintertag zieht er los. Tief in den Wald hinein. Es ist gefährlich. Alle raten ihm ab. Der Schnee liegt hoch. Doch er sucht. Er ist getrieben von der Leidenschaft für den besonderen Klang. Nach langer Zeit wird er fündig. Die Bergfichten überwältigen ihn mit ihrer Holzqualität. Hätte er sich nicht auf den Weg gemacht, hätte er sich mit weniger zufrieden gegeben, dann hätte er auch seinen Traum aufgegeben.
Der Geigenbauer Martin Schleske schreibt in seinem Buch „Der Klang“ von seinem Handwerk, das er als Gleichnis für das Leben und für den Glauben versteht. Seine leidenschaftliche Suche nach dem klangvollen Holz, lässt mich über meinen Glauben und über meine Begeisterung dafür nachdenken. Was ist mit der Zeit zur Routine geworden? Was sind nur noch hohle Phrasen, die in mir wenig zum Klingen bringen? Die Suche des Geigenbauers erinnert mich daran, dass es einmal anders war: Dass ich mich angesprochen gefühlt habe von Gott. Dass mein Glaube lebendiger war. Mit mehr Leichtigkeit konnte ich beten und mit mehr Interesse habe ich nachgefragt.
In Psalm 69, 33 heißt es: Die Gott suchen, denen wird das Herz aufleben. Ich mache uns Mut, sich aufzumachen und zu suchen, auch wenn es abwegig erscheint; auch wenn in meinem Leben viel passiert ist, was meine Begeisterung beeinträchtigt. Das Psalmwort regt mich an, meine Trägheit und meine Gewohnheit zu hinterfragen und mich wieder zu bewegen – hin zu diesem Gott, der mir Leben verspricht, der mein Herz aufleben lässt. Was wir finden können? Eine liebende Zuwendung, die uns eine Tiefe und Substanz verleiht, die unserem Leben gut tut, die uns in Bewegung setzt und die Außergewöhnliches zum Klingen bringt.
von Tim Henselmeyer, Synodalvikar in Evangelischen Kirchenkreis Halle und Pfarrer der Kirchengemeinde Halle.