Wort zum Sonntag Misericordias Domini, 26. April 2020
Vor einiger Zeit las ich eine kleine Geschichte*, die mich faszinierte. Sie trägt die Überschrift „Glück oder Unglück?“: Ein Bauer hatte sehr mageres Land zu beackern, nur einen Sohn, der ihm half, und nur ein Pferd zum Pflügen. Eines Tages lief ihm das Pferd davon. Alle Nachbarn kamen und bedauerten den Bauern wegen seines Unglücks. Der Bauer blieb ruhig und sagte: „Woher wisst ihr, dass es Unglück ist?“
In der nächsten Woche kam das Pferd zurück und brachte zehn Wildpferde mit. Die Nachbarn kamen wieder und gratulierten ihm zu seinem Glück. Wieder blieb der Bauer ruhig und sagte: „Woher wisst ihr, dass es Glück ist?“
Eine Woche später ritt sein Sohn auf einem der wilden Pferde und brach sich ein Bein. Nun hatte der Bauer keinen Sohn mehr, der ihm helfen konnte. Die Nachbarn kamen und bedauerten sein Unglück. Wieder blieb er ruhig und sagte: „Woher wisst ihr, dass es Unglück ist?“
In der folgenden Woche brach ein Krieg aus, und Soldaten kamen ins Tal, um junge Männer mitzunehmen, mit Ausnahme des Bauernsohns, der nicht mit musste, weil er sich ein Bein gebrochen hatte.
Glück oder Unglück? Wer kann das schon sagen? Und wann kann man das eigentlich sagen? Wie erleben Sie die gegenwärtige Zeit? Haben Sie schon ihr Urteil darüber gefällt? Manchmal können uns negative Erfahrungen, Einschränkungen, Verzicht und Sorgen letztlich zum Positiven dienen. Wir reifen, werden demütig, manchmal auch dankbar, wir verändern uns, wachsen im Glauben. Wir erkennen meist erst im Nachhinein, dass Gott auf krummen Linien gerade schreibt.
Gott sagt: „Denn mein Plan mit euch steht fest: Ich will euer Glück und nicht euer Unglück. Ich gebe euch wieder Zukunft und Hoffnung. Mein Wort gilt!“ (Jer 29, 11) Ich wünsche Ihnen, dass Sie es erleben, dass sich Unglück in Glück verwandelt und Sie in diesen Erfahrungen Gottes Handschrift erkennen können.
*Diese Geschichte stammt von einem unbekannten Autor aus China.
Bernd Eimterbäumer ist Pfarrer in der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Halle.