07. Oktober 2012 – 18. Sonntag nach Trinitatis
Vorsicht, Rücksicht, Einsicht, Ansicht, Aufsicht, Zuversicht. In der deutschen Sprache geht es oft ums Sehen. „Schön, dich zu sehen“, sagen wir vielleicht zur Begrüßung, und „Auf Wiedersehen!“ beim Abschied. Wir legen Wert auf ein gutes Ansehen bei anderen Menschen, wollen kein Aufsehen erregen und freuen uns über blindes Vertrauen, das uns entgegengebracht wird. Nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit für einige Gedanken über das Sehen.
„Wir sehen uns!“ Das ist das Thema der bundesweiten „Woche des Sehens“, die am Montag beginnt und am 15. Oktober mit dem „Internationalen Tag des weißen Stocks“ zu Ende geht. Die Aktionswoche will darauf aufmerksam machen, wie wichtig gutes Sehen ist, und was es bedeutet, sehbehindert oder blind zu sein.
In die Lage blinder Menschen haben sich unlängst Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule in Werther versetzt. Mit verbundenen Augen gingen sie durch die Stadt. Das sei für sie eine gute Erfahrung gewesen, sagten sie hinterher. Sie hätten die Probleme behinderter Menschen mit anderen Augen gesehen.
Die Jugendlichen konnten nach kurzer Zeit die Augenbinden wieder abnehmen und sich darüber freuen, wieder sehen zu können. Sehr viele der fast 40 Millionen erblindeten Menschen in der Welt, die meisten von ihnen in den Entwicklungsländern, würden sich auch darüber freuen, wenn ihnen die „Augenbinde“ abgenommen würde. Allein die Hälfte aller blinden Menschen leidet am Grauen Star und könnte durch eine Operation geheilt werden.
Was in Deutschland schon fast ein Routineeingriff ist und von den Krankenkassen bezahlt wird, ist zum Beispiel in Afrika fast unmöglich. Dort versorgt ein Augenarzt durchschnittlich eine Million Menschen. Das muss sich ändern. Darum unterstützen Hilfswerke wie die Christoffel Blindenmission Augenkrankenhäuser, mobile Augenkliniken und die Ausbildung von einheimischen Augenärzten und Pflegepersonal. In der „Woche des Sehens“ zeigen die Hilfswerke, wie mit wenig Geld viel bewirkt werden kann. Zum Beispiel kostet eine Operation am Grauen Star in Entwicklungsländern durchschnittlich nur 30 Euro.
Wenn sich am 17. Oktober blinde und sehbehinderte Menschen aus dem Kirchenkreis Halle im Café Gegenüber in Halle treffen, werden sie – wie bei den meisten bisherigen Treffen – eine Spende für die Christoffel Blindenmission zusammenlegen. Sie wissen, was es heißt, nicht oder nur noch eingeschränkt sehen zu können, und möchten dabei helfen, dass blinde Menschen wieder sehen können, wenn es möglich ist. Und in vielen Fällen machen es 30 Euro möglich. (Spendenkonto: 2020 bei der Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00.)
von Udo Waschelitz (Halle), Laienprediger und Synodalbeauftragter für die Blinden- und Sehbehindertenseelsorge im Evangelischen Kirchenkreis Halle