Wort zum 4. Sonntag nach Trinitatis, 05. Juli 2020
„Aber ich will doch keinem zur Last fallen!“ Diesen Satz habe ich schon oft gehört. Er klingt sehr rücksichtsvoll und doch stört mich jedes Mal etwas daran. Was für ein Bild muss ein Mensch von sich haben, wenn er sich als Last empfindet? Bin ich eine Last? Manchmal kommt es mir so vor: Wenn ich im Krankenhaus liege und Menschen brauche, die sich um mich kümmern. Wenn ich mit den Problemen beim Computer schon wieder einen Freund fragen muss. Wenn ich vor schwierigen Entscheidungen stehe und einen brauche, der mir zuhört. Wenn ich hart und ungerecht werde, weil ich mich überfordert fühle und andere damit belaste. Ich will keine Last sein und bin es doch. Darum bin ich dankbar für die Menschen, bei denen ich schwach sein kann und denen ich nichts vorzuspielen brauche. Sie sind für mich da, obwohl ich meine Eigenarten habe und manchmal schwierig bin.
Und gleichzeitig fallen mir Menschen ein, denen ich helfe, weil sie es alleine nicht schaffen. Die ich aushalte, obwohl ich sie manchmal nicht verstehe. Wenn einer von diesen Menschen mich fragt: „Bin ich dir eine Last?“, würde ich antworten: „Nein, du bist mir wichtig! Darum bin ich gern für dich da.“ Das verändert meinen Blick. Denn kein Mensch ist eine Last. Er hat nur Lasten, die ich mittragen kann. Genau das betont der Vers, der uns in die neue Woche begleitet: „Einer trage des andern Last, so erfüllt ihr das Gebot von Christus.“ (Galater 6,2)
Das Gebot von Christus heißt nie: „Du musst!“ Es heißt immer: „Du kannst!“ Ich kann tragen, weil ich getragen werde. Ich kann lieben, weil ich geliebt bin. Denn mehr als ein treuer Mensch, trägt Gott mich vom ersten Tag meines Lebens, mit all meinen Eigenarten und Schwächen. Er liebt mich und vergibt mir. Das verändert alles. Denn er sagt nie: Du bist mir eine Last, sondern: „Du bist mir wichtig. Darum bin ich gern für dich da!“ Wem kann ich das heute sagen und zeigen?
Olaf Wahls ist Pastor der Landeskirchlichen Gemeinschaften im Bezirk Bielefeld-Gütersloh-Steinhagen