Wort zum 02. April 2020

Manchmal, vielleicht – nein! – bestimmt kennen Sie das: Manchmal, so hin und wieder, da gehen die Gedanken auf die Reise. Sie verlassen Zeit und Raum, sie verlassen Hier und Jetzt. In diesen Tagen, die so ganz anders als mein Alltag als Vikar sind, fliegen sie öfter mal los. Und flattern dahin, wohin der Geist sie trägt. Einer dieser Gedankenflüge ist dieser:
Wir sollen ja nun zu Hause bleiben – und viele Menschen machen das auch. Doch viele sind das nicht gewohnt. Sie kommen sich fast wie im Gefängnis vor. Und wie – nun kommt so ein typischer Sprung der Gedanken auf Ausflug – erging es denn dem Apostel Paulus so? Der war ja öfter mal in Haft.

Und so auch im Jahr 54 in Ephesos. Dort sitzt er im Gefängnis. Leidet. Hat Angst. Todesangst. Unfassbare Qual. Er wünscht sich, „aus der Welt zu scheiden und bei Christus zu sein“. So schreibt er es in seinem Brief an die Philipper (1,23).

Doch nicht nur das ist Inhalt des Briefes. Und, liebe Leserin, lieber Leser, das – wieder so ein Hüpfer auf dem Gedankenflug – ist doch vielleicht ein bisschen so ähnlich wie bei uns gerade.

Paulus im Gefängnis, angekettet, kein Weg nach draußen. Wir zu Hause, mit nur ganz eingeschränkten Sozialkontakten, nur zum Nötigsten geht’s raus. Paulus schreibt Briefe. An die Gemeinde in Philippi, weit weg auf der anderen Seite der Ägäis. Die Mauern des Gefängnisses, das Metall der Ketten können seine Gedanken nicht aufhalten. Wir schreiben z. B. über Whatsapp, telefonieren, sogar per Video. Wir stehen auf Balkonen und applaudieren, sitzen in unseren Stuben und machen Musik. Wir stellen Kerzen in die Fenster und lassen die Kirchenglocken läuten.
Wir gehen ungewohnte Wege, mit Andachten und Gottesdiensten im Internet.

Ja, liebe Leserin, lieber Leser, mit Paulus stimme ich überein: Ich bin darin guter Zuversicht, dass Gott in euch angefangen hat das gute Werk, er wird’s auch vollenden bin an den Tag Christi Jesu (Phil 1,6).
Möge Gott mit seinem Segen nicht von Ihnen weichen.

Ihr Björn Knemeyer, Vikar in Werther