Wort zum Sonntag, 24.04.2022
Lebendige Hoffnung
Der kommende Sonntag hat einen lateinischen Namen: Quasimodogeniti. Er stammt nicht von Quasimodo dem Glöckner von Notre Dame. Dieser Name hat es in sich, übersetzt heißt er: Wie die neugeborenen Kinder. Also es geht um die Menschen, die traditionell in der alten Kirche Ostern getauft wurden und bis zum Sonntag nach Ostern, also Quasimodogeniti, weiße Gewänder trugen. So hieß dieser Tag auch Weißer Sonntag. Sie waren die, die durch die Taufe neu geboren waren, so wie es im 1. Petrusbrief 1,3 heißt: „…neugeboren zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“
Aber können wir hoffen, in diesen Zeiten, in der uns immer neue noch grausamere Nachrichten aus der Ukraine erreichen? Nächste Woche Dienstag jährt sich die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl zum 36. Mal. Das tritt fast in den Hintergrund, angesichts dem Beschusses des um ein vielfach größeren Atomkraftwerkes als Tschernobyl: Saporischschja. Dessen Explosion hätte Millionen Menschen in den Tod gerissen und große Teile nicht nur der Ukraine unbewohnbar gemacht.
Können wir hoffnungsvoll sein, wenn die Grausamkeit und Bosheit dieser Welt uns erschreckt? Ja, wir können sagt uns Ostern: Jesus selbst ist durch die Brutalität des Todes, durch das Ende hindurchgegangen. Und seitdem gilt: Gottes Geschichte mit uns endet nicht im Tod. Sein Wort hat das Ende verwandelt zu einem Anfang. Durch die Auferstehung wird klar: Gott will das Leben seiner Geschöpfe und dass es uns gut geht. Das ist die lebendige Hoffnung auf der wir bauen können. Sicher: Sie vertreibt nicht den Krieg, das Leid, die Qual. Aber sie findet sich damit nicht ab. Denn sie weiß: Gott will das Leben. Und so verweist sie auch auf unsere Verantwortung für das Leben. Sie fordert uns dazu heraus, die Option für das Leben zu ergreifen, den Mund und die Augen für das Leben zu öffnen.
Was kann das heißen in Blick auf den Krieg in der Ukraine, der mit seiner Grausamkeit die Katastrophe von Tschernobyl fast nebensächlich erscheinen lässt? Es kann heißen frei zu sein von der Vorstellung, dass unser Glück im Konsum liegt. Wir können verzichten auf den übermäßigen Verbrauch von Energie. Energiesparen ist der einfachste Weg, unsere Energiespeicher voll zu halten. Das gibt der Schöpfung Leben und schwächt die Abhängigkeit von Putins Gas.
Quasimodogeniti – wiedergeboren zur lebendigen Hoffnung –, denn jeder von uns ist bereits für Gott eine lebendige Hoffnung. Lassen sie uns das bestätigen, in dem wir uns anstecken von Gottes Hoffnung und Hoffnungsträger für das Leben sein.
Silke Beier ist Pfarrerin in Werther.