Andacht vom 24. Dezember 2014

Andacht zum Weihnachtsfest

Liebe Leserinnen und Leser!

Mit einem Paukenschlag beginnt Johann Sebastian Bach sein Weihnachtsoratorium: Jauchzet frohlocket! Auf, preiset die Tage. Einige von Ihnen konnten es am 2. Advent in diesem Jahr in der St. Johanniskirche in Halle miterleben. Andere haben vielleicht diese Musik von einer CD gehört und den Klang noch im Ohr. Für mich gehört es irgendwie immer zu der Adventszeit dazu. Es rührt mich an, was Bach dort von der Weihnachtsbotschaft in Töne umgesetzt hat und vor allem, wie er die Weihnachtsbotschaft großartig in Harmonien ausdrückt.

Worte sind dagegen eher schwerfällig. Wer den Anfang hört, möchte meinen, diese Musik gehe an allen Problemen und Sorgen dieser Welt vorbei und entreißt einen geradezu der Welt. Folgt man Johann Sebastian Bach allerdings in seinem Werk, wird deutlich, dass er die Menschwerdung Gottes in dem Kind Jesus durch großartige musikalische Linien beschreibt. Wenn er von der Geburt dieses Kindes erzählt, wählt er die tiefste aller Tonarten. Dort heißt es in dem Choral: »Schaut hin, dort liegt im finstern Stall, des Herrschaft gehet überall. Da Speise vormals sucht ein Rind, da ruhet jetzt der Jungfrau`n Kind.«

Viele Beispiele ließen sich aufführen, in denen J.S. Bach diesen Weg Gottes in die Welt musikalisch nachzeichnet. Das ist nicht nur eine bemerkenswerte musikalische Leistung, sondern auch, theologisch gesprochen, ausgesprochen interessant. Menschwerdung Gottes heißt gerade: Gott geht den Weg in die menschlichen Verirrungen und Verstrickungen. Mehr noch: Gott sucht seine Ehre gerade in den geschundenen und gefolterten Menschen, die von niemandem sonst geehrt werden. Wenn wir denn als Christen dieses Weihnachtsfest recht feiern wollen, dann müsste doch auch dort unser Platz sein, wo Gott sich in Jesus selbst finden ließ.

Wenig später selbst ein Flüchtlingskind, heißt das wohl in unserer aktuellen Situation: Wir sollten nicht mit zahlreichen Demonstranten der Pegida für eine Verschärfung des Asylrechtes paktieren und schon gar nicht ihr Gedankengut teilen. Die Verfolgten und Misshandelten haben Zuflucht und Aufnahme verdient! Weihnachten ist wohl gänzlich missverstanden, wenn wir es als ein Fest der Ausgrenzung feiern wollten. Gott jedenfalls grenzt an Weihnachten keinen aus, im Gegenteil: Er lädt ein. Das ist allemal ein Grund, mit in Bachs Werk einzustimmen!

Ein gesegnetes und frohes Weihnachtsfest wünscht Ihnen

Superintendent Walter Hempelmann