Andacht vom 17. Februar 2019

Wort zum Sonntag Septuagesimae, 17. Februar 2019


„Arbeiter im Weinberg“

Jesus erzählt: Der Besitzer des Weinbergs sucht frühmorgens nach Arbeitskräften, findet Leute und schickt sie an die Arbeit. Sie sind zufrieden: einen Tag harte Arbeit, aber heute werden sie das Familieneinkommen sichern können. Der Arbeitgeber geht im Laufe des Tages noch mehrmals auf die Suche nach Arbeitern und schickt auch sie in den Weinberg. Am Ende des Tages wird der Lohn ausgezahlt. Und alle bekommen das gleiche. Jeder bekommt so viel, dass er mit seiner Familie davon leben kann.

In der Konfirmandengruppe, die diese Geschichte nachspielt, erhebt sich Protest. Man will wohl auch dem, der nur eine kurze Zeit gearbeitet hat, den Tageslohn lassen, der den Mindestbedarf abdeckt. Aber wenn man zu denen gehört, die länger geschuftet haben, dann bitte, will man auch mehr bekommen. So funktioniert unsere Gesellschaft.

Gottes Regeln, denn er ist der Weinbergbesitzer der Geschichte, sind andere. Jesus erzählt: Gott bemisst das, was er gibt, nicht nach der Leistung. Er nimmt sich die Freiheit, aus Güte und Barmherzigkeit heraus zu handeln. Er denkt von der Bedürftigkeit her, sozusagen vom Ende her: „Was braucht der einzelne jetzt, damit am Ende jeder gut leben kann?“
Wenn wir für Gott das Bild eines Vaters oder einer Mutter vor Augen haben, ist dieses Denken für uns wohl leichter nachzuvollziehen. Auch Eltern werden ihren Kindern jeweils das geben, was sie brauchen. Das kann auch heißen, dem einen Kind zeitweise mehr Aufmerksamkeit zu schenken als dem anderen. Damit beide gut im Leben zurechtkommen. Weil beide als Kinder in gleichem Maß geliebt werden.
Unser Gott gönnt uns das Leben. Tun wir das gegenseitig auch? Und hat das auch politische Konsequenzen? Etwa diese: Eine Gesellschaft muss dazu fähig sein, dafür zu sorgen, dass niemand weniger verdient, als er für sein tägliches Brot braucht.

von Silvia Schultz, Pfarrerin in der Ev. Kirchengemeinde Borgholzhausen