Andacht zum 27. September 2020

Wort zum 16. Sonntag nach Trinitatis, 27. September 2020

Der Mensch ist bekanntlich ein Gewohnheitstier. Was soll auch schlecht sein an Gewohnheiten? Gewohnheiten schaffen Vertrautheit und Sicherheit, geben unserem Leben Struktur. Gewohnheiten müssen aber auch akzeptiert sein. Sonst nennen wir sie schlechte Gewohnheiten wie den unentbehrlichen Griff nach der Zigarette.

Die vergangenen Monate haben aber auch offen gelegt, dass wir uns an vieles gewöhnt haben, was uns erschreckt hat. Gerne haben wir in unserer Grillgesellschaft die niedrigen Fleischpreise hingenommen. In Zeiten der Pandemie wurde aber auch die andere Seite des Preises sichtbarer. Katastrophale Lebensbedingungen für Tiere. Menschenunwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen für die meist aus dem Ausland kommenden Beschäftigten.

Seit März mussten wir uns an einschneidende Veränderungen unseres Alltags gewöhnen. Abstand halten, größere Gesellschaften und Berührungen vermeiden. Zwar werden die Schutzmaßnahmen weithin akzeptiert. Doch wird der Drang zu einer Normalität im Umgang miteinander und zur Nähe immer größer und lauter. Und Schutzmaßnahmen werden schnell zur Beliebigkeit. 

Und doch gehören Schutzmaßnahmen zu unserem Alltag und wohl noch eine ganze Weile. Sie gehören dazu, weil wir einander schützen müssen. Gegenseitiger Schutz ist etwas Lebensbejahendes, weil wir gemerkt haben, wie zerbrechlich Leben und Gesundheit sind. Mut machen kann und darf uns die Botschaft vom lebensbejahenden Gott. Gott, der uns Leben gegeben hat und uns helfen möchte Leben zu bewahren. Der 103. Psalm betont dies auf unwiderstehliche Weise: „Er vergibt mir meine Schuld und heilt mich von allen Krankheiten. Er bewahrt mich vor dem sicheren Tod und schenkt mir das Leben neu. Seine Liebe und Güte umgeben mich allezeit.“ 

Es ist vielleicht nervig, immer daran zu erinnern, wie wichtig es ist, in einer Pandemie zusammenzustehen. Aber Zusammenstehen heißt einzustimmen in den Beschluss Gottes, unser Leben zu bewahren. Dass Zusammenstehen und Lebensbejahung zusammen gehören, daran müssen wir uns gewöhnen und unaufhörlich erinnern. Die Lebensbejahung Gottes hat dann eine Chance, wenn wir alle mitmachen. 

von Rüdiger Schwulst, Pfarrer für Religionsunterricht an den Schulen des CJD in Versmold