Andacht vom 25. November 2012

25. November 2012 - Totensonntag/Ewigkeitssonntag

Es ist schon wieder so weit, die Blätter an den Bäumen haben sich verfärbt und sind abgefallen. Die Tage werden kürzer. Die Dunkelheit überwiegt. Es wird kälter und Raureif deckt alles mit einer dünnen weißen Schicht zu. Das Jahr geht zu Ende. Der Totensonntag bzw. Ewigkeitssonntag ist der letzte Sonntag des Kirchenjahres. Er gehört zu den stillen Tagen im Jahr. Er lässt uns noch einmal innehalten, bevor mit der Adventszeit wieder mehr Licht und Bewegung in unseren Alltag kommt.

Der letzte Sonntag des Kirchenjahres trägt verschiedene Namen und erscheint vielfältig: Einerseits bezeichnen wir diesen Sonntag als Ewigkeitssonntag und verbinden damit die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Die Hoffnung auf Auferstehung, auf eine andere Welt, eine neue Wirklichkeit. Andererseits  verbinden wir mit dem Ausdruck Totensonntag die Besinnung auf das Hier und Jetzt, auf das Leben vor dem Tod, auf die Endlichkeit allen irdischen Lebens und die Trauer um die Verstorbenen.

Diese Endlichkeit und die damit verbundene Endgültigkeit führen uns in die Trauer um geliebte Menschen, deren Nähe wir vermissen, die nur noch in der Erinnerung Gestalt annehmen. Wenn der Tod uns einen Menschen nimmt, den wir lieben, reißt das eine Lücke in unser Leben, die wir wie eine Wunde in uns spüren. Abschied nehmen hinterlässt Spuren, Spuren der Trauer. Auch wenn wir vielleicht dankbar sind, dass unsere Verstorbenen nicht leiden mussten oder dass ihnen weiteres Leid erspart geblieben ist, spüren wir die Trennung. Auch wenn wir uns mit einem Lächeln an schöne Tage erinnern, spüren wir, was nicht mehr möglich ist – nie mehr. Sind wir an einem Ort, an dem wir mit der verstorbenen Person gemeinsam waren, fühlen wir den Schmerz der Erinnerung. Sind wir an einem Ort, an dem wir mit der verstorbenen Person nie zusammen waren, spüren wir den Schmerz darüber, dass sie diesen Ort nie sehen wird.

Die Zeit heilt keine Wunden. Aber das Leben verändert sich. Die Zeit bringt uns in ein anderes Leben, ganz langsam, manchmal unmerklich. Niemals werden die Wunden verschwinden, aber sie werden mit der Zeit sanft zugedeckt. Als Trauernde stellen wir fest, dass wir uns mit dem neuen Leben arrangieren. Wir lernen die Trauer als einen Teil von uns zu akzeptieren. Wir hadern nicht mehr mit dem Schicksal. So können wir den geliebten Menschen gehen lassen. Damit er dort, wo er jetzt ist, seinen Frieden findet. Dann geben wir auch Raum frei für Trost und Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, – wie immer dies auch aussehen wird.

Für die Verstorbenen, die an Jesus Christus geglaubt haben, gilt das Wort Jesu: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und wer da lebt und glaubt an mich, wird nimmermehr sterben.“ (Joh. 11,25f.)

Und wie steht es mit uns, deren Zeit noch nicht gekommen ist?Die Endlichkeit des irdischen Lebens ist uns bewusst. Deshalb geben wir als Christinnen und Christen unser Leben in Gottes Hand auch über den Tod hinaus. Darum sprechen wir, wenn es um den letzten Sonntag des Kirchenjahres geht, weniger vom Totensonntag, sondern mehr vom Ewigkeitssonntag.

von Peter Blume, Pfarrer am Berufskolleg im Kirchenkreis Halle