Wort zum Sonntag, 20.02.2022
Ganz Ohr - alle Morgen neu
„Ich habe einen Vogel gehört. Ich habe Stifte klappern gehört und das Schreiben der anderen Kinder und von mir. Das Rascheln der Bäume. Ich habe den Fluss gehört. Ich habe ein Bellen gehört.“
Die Kinder der dritten Klasse hatten sich einen ruhigen Platz gesucht, an einen Baum am Aabach gelehnt. „Schreibe alles auf, was du hörst“, diese Aufgabe hatten sie mitbekommen - und nach anfänglichem Murren und Murmeln wurde es ruhig. „Das war eigentlich richtig schön,“ erzählte meine Tochter später ganz entspannt, „einfach nur in die Natur lauschen.“
Auch mir geht es manchmal so. Besonders morgens, wenn der Tag noch dämmert und die Amsel ihr Lied beginnt und selbst an Regentagen schon so nach Frühling klingt, dass das Aufstehen viel leichter wird. Trost und Freude durch das Lauschen. Es ist wie eine Reinigung der Nachtgedanken. Ein tröstendes Dennoch, bevor die Mühen des Tages wieder die Oberhand gewinnen.
„Ich habe keine größere Freude als die, zu hören, dass meine Kinder in der Wahrheit wandeln.“ (3. Joh 4) So schreibt Johannes an seinen jüngeren Freund Gaius, von dem ihm Besucher erzählt hatten, wie er sich in einer schwierigen Gemeindesituation bewähre. Gute Nachrichten von liebgewordenen Freundinnen und Gefährten sind wie ein Wohlklang für die Seele - eine gute Grundlage für die Herausforderungen des neuen Tages!
Inzwischen gibt es so viele Wege, um einander durch gute Nachrichten zu erfreuen: Alle Mittel sind recht, um Mutmachendes zu teilen. Der Anruf, die kurze Nachricht oder Mail - oder auch ein kleiner Besuch, und sei es an der Haustür. Einfach, um einander eine Freude zu machen und wissen zu lassen, was bei allem Schweren dieser Tage unberührt bleibt:
Die Wahrheit, dass Gottes Liebe immer noch größer ist - und sie ist alle Morgen neu.
Für die guten Nachrichten der Vögel, der Bäume, der Kinder und Freunde - seien wir ganz Ohr!
Anja Keppler ist Pfarrerin in Versmold