16. September 2012 – 15. Sonntag nach Trinitatis
Gott steckt im Detail?
Dass „Gott immer Geometrie treibt“, mag für manche Schülerin und manchen Schüler eine beängstigende Vorstellung sein. Für Platon, von dem dieser Ausspruch stammt, war es ein Zeichen dafür, dass sich in der Schönheit der Schöpfung, in dem planmäßigen, geometrischen Aufbau der Natur, die Großartigkeit des Schöpfergeistes offenbart.
Ja, man kann schon ins Staunen geraten, wenn man in den Mikrokosmos eintaucht, auf molekularer Ebene Gesetzmäßigkeiten feststellt und ungeheuer ausgefeilte Organisationsformen beobachtet. Genauso atemberaubend ist der Blick in das Weltall mit seiner unvorstellbaren Ausdehnung, mit den Bahnen der Planeten, mit der Entstehung und dem Niedergang von Galaxien.
Gibt uns das Eine oder das Andere einen Hinweis auf Gott, seine Größe, seinen kosmischen Plan? Steckt Gott wirklich im Detail, wie der Architekt Mies van der Rohe gesagt haben soll? Dann könnte man schmunzelnd sagen, dass Gott, der ja auch die göttliche Zahl Pi (3,1415926...) geschaffen hat, alles im Leben „rund“ werden lassen kann. Aber können uns „göttliche Zahlen“, können uns Naturkonstanten wirklich einen Einblick in Gottes ureigene Natur schenken?
Dass wir, wie es im ersten Petrusbrief heißt, alle Sorge auf ihn (d.h. Gott) werfen können, weil er für uns sorgt, erfahren wir nicht aus dem Mikro- oder Makrokosmos. Solche atemberaubenden Wahrheiten erfahren wir aus den Schriften der Bibel. Sie berichten von einem Gott, der sich um seine Menschen in Liebe sorgt. Im Neuen Testament erfährt diese Liebe noch eine Zuspitzung in der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Das sind schon ungeheure Aussagen. Das ist schon ein Gott, der alle Vorstellungen sprengt.
So mag es eindrucksvoll sein, dass „Gott immer Geometrie treibt“. Im Vergleich aber zur biblischen Aussage, dass Gott die Welt in seiner Hand hält und in Liebe für seine Menschen sorgt, ist es nur ein müder Schatten. Und doch: Wer sich von Gott so geliebt fühlt, dass er alle seine Sorge auf ihn werfen kann, mag auch in der Schöpfung immer wieder kleine Details der göttlichen Harmonie erkennen können.
von Christian Eckey, Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Borgholzhausen