Wort zum 2. Sonntag nach Epiphanias, 19. Januar 2020
Jesus stellt unsere Werte in Frage
Liebe Leserin, lieber Leser,
auf der Hochzeit zu Kana hat Jesus die Menschen erstaunt. Wie kann dieser Wundertäter soviel jungen Wein bereitstellen? Schon damals forderte Jesus die Menschen heraus. Harmlos klingt noch die Aufforderung, denn „Wer tut schon frischen Wein in alte Schläuche?“. Doch auch sonst stellt Jesus das Gewohnte in Frage, stößt die Menschen sogar manchmal vor den Kopf: Was hoch ist, wird erniedrigt. Integriert wird, wer von andern ausgeschlossen ist. Das Ansehen der Person zählt nicht, auch nicht, was jemand geleistet oder getan hat. Alle Menschen sind gleich – die Unterschiede nach Herkunft, Status oder Volkszugehörigkeit sind bei ihm aufgehoben. Gott sieht den Menschen so, wie er ist, er blickt mitten ins Herz. Da bleibt wenig beim Alten: Die Geknechteten werden aus ihrer Unterdrückung befreit. Die Ausbeutung hat ein Ende.
Doch die Menschen schaffen es kaum, Jesus nachzufolgen und diese Hoffnung zu leben. Sie versöhnen sich nicht miteinander und reichen einander nicht die Hand. Anstatt ein klärendes Gespräch zu führen, stellen sie sich taub. Die Gesten der Freundschaft werden nicht gesehen. Man ist blind für das Wohlwollen der anderen, wartet darauf, dass der andere den ersten Schritt tut. Unverständnis, sogar Hass können das letzte Wort haben, die Liebe verblasst. Was ist aus Jesu Traum von einer neuen Welt geworden? Ist die Botschaft doch in alten Schläuchen verkommen?
Dabei ist die alte Vision so aktuell wie nie. Sie will real werden: Frieden bleibt möglich. Herzliche Gemeinschaft bleiben nicht nur leere Worte. Engagierte Menschen gehen tatsächlich neue Wege: Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig. Mit den eigenen Händen mitarbeiten an einer besseren Welt, damit Frieden, Gerechtigkeit und Harmonie keine Illusion bleiben. Dann kann man mit Jesus mitfeiern, der uns noch heute zu einem fröhlichen Miteinander einlädt.
Christhard Greiling ist Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Steinhagen