Andacht vom 05. August 2012

05. August 2012 – 9. Sonntag nach Trinitatis

August ist Ferienzeit, und da sind viele Menschen unterwegs. Eine besondere Weise, unterwegs zu sein, ist das Pilgern auf uralten Wegen. Der bekannteste dieser Wege ist wohl der Jakobsweg. Weniger bekannt ist der St.-Olavs-Weg, der in die alte norwegische Königsstadt Trondheim zum Nidaros-Dom führt.

Trondheim war im Mittelalter das bedeutendste Pilgerziel Nordeuropas. Dort befindet sich das Grab des Königs Olav, der nach seinem Tod zum „Oberheiligen“ Skandinaviens wurde. Er wurde im Jahr 995 geboren und 1015 zum König Norwegens erhoben. Sein Ziel war die Einigung der norwegischen Stämme und die Christianisierung des Landes. Dazu unternahm Olav mehrere „Missionsreisen“ in den Norden und das schwer zugängliche Innere des Landes.

Gegen Ende seines Lebens wuchs der Widerstand der Bauern und der Häuptlinge gegen den König und seine politischen Bestrebungen. Das letzte Jahr seines Lebens verbrachte er im Exil in Kiew. 1030 kehrte er nach Norwegen zurück, um seine Macht zurück zu gewinnen, aber am 29. Juli 1030 kam es zur Schlacht von Stiklestad, in der Olav fiel. Ein Bauer aus Stiklestad soll seine Leiche nach Nidaro (=Trondheim) gebracht haben.

Schon bald nach seinem Tod wurde von Wundern berichtet. Einer der Häuptlinge, die Olav getötet hatten, soll durch Spritzer seines Blutes von einem schweren Leiden geheilt worden sein. Darauf soll dieser als Buße und aus Dankbarkeit eine Wallfahrt nach Jerusalem unternommen haben. König Olav wurde zum Märtyrer erklärt und zum Heiligen erhoben. Im Rückblick auf sein Leben verstanden ihn die Menschen als ein Werkzeug Gottes, durch den das Christentum nach Norwegen kam. Nie wieder hat in diesem Land der Tod eines einzelnen Menschen so deutliche Spuren hinterlassen.

Wer heute den St.-Olavs-Weg geht, erreicht am Ende den Nidaros-Dom in Trondheim, das Nationalheiligtum und das „Herz Norwegens“, die Krönungskirche vieler norwegischen Könige. Die Kirche wurde über dem Grab Olavs erbaut, und sein Schrein stand hinter dem Hochaltar.

Wer den Dom betritt, ist überwältigt von seiner Ausstrahlung, und er erscheint wie „ein Abglanz der Herrlichkeit des Reiches Gottes“.

Die Pilger im Mittelalter glaubten, dass sie durch den Besuch am Grab des heiligen Olavs selbst Anteil bekämen an der Kraft, die in ihm gewirkt hatte, und ihr Leben auf diese Weise geheiligt würde.
Heute sind wieder viele Menschen unterwegs auf dem alten Weg nach Trondheim, - auf der Suche nach Gott, nach dem Leben, nach Orientierung und Sinn und nach neuer Kraft für ihr eigenes Leben. In einer Zeit, in der das Christentum an Ausstrahlung und Bedeutung verloren hat, sind sie unterwegs auf den Spuren eines Mannes, der vor langer Zeit den Norwegern den Glauben der Christen vermittelt hat. – Ein Zeichen, dass unser Glaube nicht verloren geht…

von Petra Isringhausen, als Pfarrerin im Entsendungsdienst in den Gemeinden Steinhagen und Versmold tätig.