Andacht vom 29. November 2015

Wort zum 1. Advent, 29. November 2015

Ab diesem Wochenende sind sie nun endgültig geöffnet: die Weihnachtsmärkte in unserer Region. Mit dem Besuch eines Weihnachtsmarktes beginnt für mich die eigentliche Adventszeit. Und noch bevor ich einen der liebevoll dekorierten Stände überhaupt sehe, habe ich schon den Duft von Zimt, gerösteten Mandeln, Rostbratwurst und Glühwein in der Nase. Dick eingemummelte Menschenmassen, die sich im gemeinsamen Strom durch die engen Gassen treiben lassen. Und über allem das Gelächter von Kindern, Wortfetzen aus unzähligen lauten Gesprächen, das Gebimmel der Kinderkarussells und natürlich die vorweihnachtliche Musik. Alles so wie jedes Jahr.

Leider nicht ganz. Die schrecklichen Ereignisse in Paris lassen eine dumpfe Angst zurück. Der islamistische Terror, vor dem schon so viele Millionen Menschen geflohen sind, ist nun auch bei uns im Herzen von Europa angekommen. Beruhigend sprechen uns die Sicherheitsbehörden Mut zum Besuch von Fußballspielen, Konzerten und Weihnachtsmärkten zu. Alles im Griff. Ich vertraue ihnen. Aber ich gestehe: Es bleibt ein flaues Gefühl. Im September 1986 habe ich in Paris, in Montparnasse, nur wenige hundert Meter entfernt erlebt, was ein Bombenanschlag bedeutet. Diesen Knall und die dann folgende Panik vergesse ich nicht. Ja; die Angst ist da. Aber: Sie beherrscht mich nicht.

“Fürchte dich nicht, ich bin mit dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich halte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit”, so sagt es der Prophet Jesaja über Gottes Nähe und Begleitung. Als alles durcheinanderging, die Angst in Panik umzukippen drohte, da spürte ich diese Hand Gottes. Damit wurde nicht alles gut, aber mein Leben fiel nicht ins Bodenlose. Dieses Erleben, Gott an meiner Seite zu wissen, besingt die A capella-Gruppe „Wise Guys” in zutreffenden Worten: „Ein Engel, der dir deinen Weg weist, der dich leitet, wenn du ziellos durch das All kreist. Ein Engel, der dir immer nah ist, der für dich da ist, wenn du in Gefahr bist. Ein Engel als tröstendes Licht.”

Ach, ja. Diese Gruppe habe ich vor einer Woche live erlebt – ich war in einem Konzert. Mit vielen tausend anderen Menschen. Angstfrei. Im guten Wissen und festen Glauben, dass Gott Dich behütet. Was freue mich heute auf den Weihnachtsmarkt! Vielleicht sehen wir uns – und lieben das Leben, das Gott uns schenkt.

von Jörg Eulenstein. Pfarrer der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Harsewinkel