Andacht vom 02. Februar 2014

02. Februar 2014 - 4. Sonntag nach Epiphanias

Technik-Knecht

So ein Griff zum Handy geht ja eigentlich schnell. Nur mal kurz drauf schauen, ob was gewesen ist. Hat das Handy gerade vibriert? Habe ich einen Anruf verpasst? Geht ja ganz fix…

Eigentlich hatte ich ihn mittlerweile überwunden, den steten Griff zum Handy. Aber es gibt Zeiten, da passiert es doch, weil ich auf eine (ganz wichtige) Nachricht warte. Und so geht der Blick mindestens 400 Mal auf das Handy. Natürlich war dort nie ein entgangener Anruf verzeichnet, denn in meiner schier unendlichen Aufmerksamkeit konnte ich schlichtweg keinen Mucks des Telefons verpassen. Unmöglich! Vielmehr wusste ich über den gesamten Zeitraum hinweg genauestens Bescheid über den jeweiligen Akkustand des Telefons.

Es ist ein Kreuz mit der Technik. Da soll sie einem das Leben erleichtern und was macht sie? Sie knechtet uns. Aktuelle Untersuchungen haben z.B. ergeben, dass wir – im Vergleich zu einem Leben vor 40 Jahren – dank der modernen Technik und Kommunikationsmöglichkeiten, viel mehr Zeit haben müssten. Wenn man nur bedenkt, wie viel schneller es geht, eine eMail im Vergleich zu einem Brief zu schreiben und zu verschicken – selbst wenn man eine passende Briefmarke im Haus haben sollte! Aber die gewonnene Zeit nutzen wir für andere Dinge, etwa um die theoretisch mit unserem Satelliten-Receiver empfangbaren Kanäle alphabetisch zu ordnen oder um Posts von australischen Busch-Aktivisten bei Facebook zu verfolgen.

Ich setze hier und heute einen Schlusspunkt. Ich will meine Zeit zurück haben. Ich nutze weiter das Handy und das Tablet und wer-weiß-was-noch, aber sprenge die Ketten des Technik-Knechts. Ich will mich wieder besinnen auf das Leben. Und da hilft mir mein Glaube. Denn der Glaube an Jesus ist ein Glaube an die Freiheit (Joh.8,36).
Im Gottesdienst oder einfach mal so in der Woche in der Kirche sitzen. Bewusst Pause machen. Abstand gewinnen. Dann habe ich Zeit – für mich! Schwierig? Kann sein. Aber: Bin ich in der Kirche, dann lasse ich die Finger vom Handy – und schalte es aus. Ich werde wohl nichts verpassen. Und: Gott anrufen geht auch ohne Handy.

von Pfarrer Jörg Eulenstein, Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Harsewinkel