Andacht vom 12. Februar 2017

Andacht zum Sonntag Septuagesimae, 12. Februar 2017

"Du siehst mich"

Erleichterung klingt da mit: Gott sei Dank. „Du siehst mich.“ Unter dieser Überschrift steht der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag im Reformationsjahr 2017. Sie begleitet alle Veranstaltungen vom 24. bis 27. Mai in Berlin und für sechs weitere kleine "Kirchentage auf dem Weg" in Leipzig, Magdeburg, Erfurt, Jena/Weimar, Dessau-Roßlau und Halle/Eisleben, und auch den großen Abschlussgottesdienst am 28. Mai in der Luther-Stadt Wittenberg. Heute weisen viele Kirchengemeinden auf diesen besonderen Kirchentag hin.

„Du siehst mich.“ Wahrgenommen werden, beachtet werden, angesehen sein – Selfies und Facebook-Posts sprechen eine deutliche Sprache: Wie wichtig ist es, nicht übersehen zu werden! Auch die Bibel ist voll von Geschichten, die mit Hinsehen anfangen, aber nicht mit einem oberflächlichen oder neugierig-schaulustigen  Blick, sondern mit Gottes oder Jesu liebevoller Zuwendung. Ihm bleibt kein Kummer verborgen. Er sieht, was ein erfülltes, gelingendes Leben behindert. Vor ihm kann, vor ihm brauche ich mich aber auch nicht zu verstecken. Er meint es ja gut mit mir. Mit Gottes Hinsehen fängt in diesen Geschichten eine Wende zum Guten an. Auch in der Geschichte in 1. Mose 16, aus der dieses Wort stammt. Sie erzählt von einer jungen Frau auf der Flucht. Ihr ist Unrecht geschehen. Aber Gott selbst nimmt ihre Situation und ihre Zukunft in den Blick.

„Du siehst mich.“ Wenn mir ein aufmerksamer Blick so gut tut, liegt der Gedanke nahe, auch auf andere zu achten: Wie geht es Ihnen? Was macht Ihnen zu schaffen? Was kann ich Ihnen Gutes tun? Schon der aufmerksame Blick wird sich wohltuend auf meine Umgebung auswirken. Bei den evangelischen Kirchentagen geht der Blick über das persönliche Umfeld hinaus. Er deckt Schwachstellen in der Gesellschaft auf. Er wendet sich denen zu, die zu kurz kommen und die auf Gerechtigkeit warten, bei uns und weltweit. Der kritische Blick auf den Zustand unserer Welt hat bei den Kirchentagen Tradition und führt oft zu wichtigen Impulsen für Kirche und Gesellschaft.

„Du siehst mich.“ Das gilt auch aus anderer Perspektive: Wenn sich Hunderttausend und mehr Christen zum Kirchentag versammeln, werden sie auch von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Sie werden gesehen, wenn sie ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen und in evangelischer Freiheit mutig eintreten für Frieden, Gerechtigkeit und Menschenwürde – ein Bekenntnis, das überall wieder notwendiger ist, als man noch vor kurzem dachte.

An diesem Sontag richtet sich der Blick zumindest in Dortmund sogar schon über 2017 hinaus auf das Jahr 2019. Dort – wo der nächste Kirchentag stattfinden wird – wird dann das Vorbereitungsteam offiziell auf den Weg geschickt und Gottes Segen dafür erbeten. Wie das Motto des Kirchentags im Ruhrgebiet sein wird? Das steht noch nicht fest. Aber gewiss ist, dass auch er unter den freundlichen Augen Gottes viele Menschen zusammenruft und sie ermahnen und ermutigen wird. Sind Sie dabei, in Berlin oder Dortmund? Wo auch immer Sie sind: Gott gibt auf Sie Acht.

 von Kirsten Potz, Pfarrerin für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung, Bielefeld