Neulich habe ich eine alte Postkarte wiedergefunden: „Was die Welt braucht, sind ein paar verrückte Menschen, denn schaut an, wohin uns die Normalen gebracht haben.“ Ich musste schmunzeln, denn ich erinnerte mich sofort an diesen Spruch von George Bernard Shaw: Als ich noch Studentin war, hing diese Karte an meiner Pinwand.
Der passt heute auch ziemlich gut – finde ich. Denn ich höre immer mehr, dass wir in „verrückten Zeiten“ leben. Stimmt – denke ich mir dann, weil trotz aller Bemühungen um ein „normales Leben“ und eine „normale Sommerzeit“ wir eben nicht „normal“ leben.
Ich war ja schon immer der Meinung, dass „normal“ nur das andere Wort für „langweilig“ ist: Immer alles nach „Schema F“ erledigen. Bloß keine Fehler machen – und vom Prinzip abweichen – dann kommt alles durcheinander. Ein bisschen „Verrücktsein“ – oder wenigstens „chaotisch“ – das können wir ganz gut gebrauchen: In der Kirche und genauso in der Gesellschaft.
Ich meine: Auch die ersten Jünger Jesu waren eher vom Typ her „verrückt“. Von Petrus zum Beispiel, seinem Bruder Andreas und seinen beiden Freunden Jakobus und Johannes wird erzählt, dass sie nach dem größten beruflichen Erfolg als Fischer, Boote, Netze, Familie, das Land verlassen haben um Jesus nachzufolgen. Der materielle Erfolg zählt nicht – ihnen war in der Begegnung mit Jesus etwas anderes wichtig: Die Begegnung mit Gott, die Erfahrung, dass die Fülle des Lebens mehr ist als Kariere, Geld, Leistung und Erfolg.
„Sie verließen alles und folgten ihm nach.“ (Lukas 5,11) – das waren Verrückte, die unsere Welt heute braucht.
Als Christinnen und Christen sollten wir uns an ihnen ein Beispiel nehmen – öfter mal querdenken – anders handeln – überhaupt weniger nach „Schema F“ leben. Denn wir haben eine Orientierung an dem, der uns alle lehrt: „Du sollst den Herrn Deinen Gott lieben, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit aller Kraft und aller Vernunft und Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst.“
In diesem Sinne – lasst uns in diesen verrückten Corona Zeiten jene Menschen sein, die mit dieser Orientierung positiv und verrückt sind.
von Kirsten Schumann, evangelische Gemeindepfarrerin in Steinhagen