„Aufzuhören ist ambivalent, auf der einen Seite winken Selbstbestimmtheit und Freiheit, auf der anderen Seite haben sich die Leute gerade erst an mich gewöhnt und jetzt geh ich“, sagt Elisabeth Hübler-Umemoto mit Blick auf ihre inzwischen neun Jahre in Versmold. Die Pfarrerin ist zwar erst 63 Jahre alt, hat sich aber dazu entschieden ein bisschen früher in den Ruhestand zu gehen. „Leben ist wichtiger als Einkommen“, lautet ihr Motto, das vor allem durch ihre Zeit in Japan geprägt wurde.
Die gebürtige Potsdamerin wuchs im Bielefelder Stadtteil Eckardtsheim auf und machte ihr Abitur am Hans-Ehrenberg-Gymnasium in Sennestadt. In Berlin, Birmingham und Tübingen studierte sie anschließend Theologie und traf dabei auf ihren heutigen Mann Naoto Umemoto, der in Tübingen als Neutestamentler und Experte für antikes Judentum promovierte. Nach dem Examen 1985 absolvierte Elisabeth Hübler-Umemoto ihr Vikariat in Bochholt und arbeitete danach im Entsendungsdienst in Herne. Als ihr Mann das Angebot bekam in Yokohama an der theologischen Uni zu unterrichten, zogen die beiden mit ihrem Sohn Hibiki nach Japan. „Das war Abenteuer pur – aus der eigenen Kultur weg“, erinnert sich die Theologin.
Vier Jahre lang war sie die „mitreisende Ehefrau“, arbeitete nur vertretungsweise in der deutschen Gemeinde vor Ort mit und sang dort im Chor. „Man bewegte sich in einer deutschen Blase, innerhalb der Community“, berichtet die Pfarrerin. Doch dann geschah ein Ereignis, das alles verändern sollte. Die Nuklearkatastrophe von Fukushima, der mit dem Erdbeben einhergehende Tsunami und dessen Folgen erschütterten Japan. Die deutsche Gemeinde wurde überrollt von einer großen Spendenbereitschaft, mehr als sie benötigte. Über einen befreundeten Pfarrer im Katastrophengebiet stellten Elisabeth Hübler-Umemoto und ihr Mann Kontakt zu japanischen Gemeinden her und stießen zahlreiche Hilfsprojekte für Kindergärten und Kirchen mit an. Ein besonderes Ereignis war ein Konzert mit der 9. Sinfonie von Beethoven, das eigentlich nicht stattfinden konnte. Das Haus des Dirigenten und somit auch die Noten waren zerstört, die Menschen vor Ort waren mit anderem beschäftigt. Doch die deutsche Gemeinde organisierte Musiker und die „Ode an die Freude“ erklang. „Ich weine heute noch, wenn ich daran denke, wie diese Kommune wieder Mut bekommen hat und wieder aufgestanden ist“, sagt Elisabeth Hübler-Umemoto, während ihr Tränen in die Augen steigen.
Als 2012 ihr Mann in den Ruhestand ging und ihr Sohn in Edinburgh ein Studium begann, bewarb sich Elisabeth Hübler-Umemoto in Versmold. „Das Presbyterium erinnert sich noch heute an mein Vorstellungsgespräch, bei mir war es viertel nach eins Nachts und ich wurde über Skype zugeschaltet – das war vielleicht die erste digitale Erfahrung für viele“.
Trotz des Kennenlernens auf Distanz entschieden sich die Versmolder für sie. Ihre Schwerpunkte wurden die Gemeindearbeit in Peckeloh und Knetterhausen sowie die Diakonie. „Gottesdienst und Seelsorge waren immer das, was mir am meisten am Herzen lagen“, sagt die Theologin. Viele Jahre war sie Vorsitzende des kreiskirchlichen Ausschusses für Seelsorge und Beratung, zudem Vorsitzende im Kuratorium des Katharina von Bora Hauses.
Sie hat in Versmold ihre Spuren hinterlassen, die Kinder Kirche neu aufgebaut, Konfi 3 mit eingeführt, zusammen mit Christiane Becker das Sonntagsvergnügen ins Leben gerufen und mit Beatrix Eulenstein das Experten-Café, bei dem ihr vor allem Gesundheitsthemen am Herzen lagen.
Auch das Frühstück für Nachbarn und Freunde in Peckeloh war ihr ein Anliegen, nur den Wunsch einen Besuchskreis zu gründen konnte sie sich nie erfüllen. Elisabeth Hübler-Umemoto wird auch nach ihrem Ruhestand in Versmold bleiben. Dort will sie sich in der Flüchtlingsarbeit als Patin engagieren und ihre berufsbegleitende Zusatzausbildung als Bibliodrama Leiterin weiter nutzen und zweimal im Jahr Bibliodrama Tage in Versmold anbieten.
Bis Mai wird sie auch noch ihre Konfigruppe bis zur Konfirmation begleiten. „Und um auch geistig uns zu beheimaten haben mein Mann und ich einen Bibelgesprächskreis gegründet, den wir auch gerne im Ruhestand weiterführen möchten“, erklärt die Pfarrerin, die ihre neue Freiheit auch nutzen will für Reisen nach Japan. Denn ihr Sohn Hibiki Joel (28) lebt in Tokio, ebenso die Familie ihres Mannes.
Verabschiedet wird Elisabeth Hübler-Umemoto am 16. Januar in einem Gottesdienst in Versmold.